Nach dem gewonnenen Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 wurde König Wilhelm Friedrich Ludwig von Preußen zum ersten Kaiser des neuen Deutschen Kaiserreiches gekrönt. Der Sieg über Frankreich entfachte in der deutschen Gesellschaft eine Verherrlichung des Krieges und allem Militärischen. In den Kindergärten und Schulen wurden den Heranwachsenden heroische Werte wie Gehorsam, Disziplin, Ordnung, Mut und Pflichtgefühl eingedrillt. Die beliebteste Freizeitbeschäftigung für Kinder aller Bevölkerungsschichten war die Schlacht im Garten und der Krieg im Kinderzimmer. Das kindliche Kriegsspiel war nichts anderes als die Verlagerung des realen Krieges in die Kinderstube.
In den Warenhauskatalogen wurden für Kinder verschiedene Uniformen, militärische Kopfbedeckungen, Gewehre, Säbel und Bajonette angeboten. Die militärischen Kinderhelme gab es in unterschiedlichen Ausführungen und Preisklassen. Das Sortiment reichte von einfachsten Helmen aus gepresster Pappe für 80 Pfennig bis zu aufwendig aus Metall gefertigten Helmen von bis zu 2 Mark. Für Kinder aus besonders ärmlichen Familien wurden preiswerte Modellierbögen zur Selbstanfertigung von Uniformteilen und militärischen Kopfbedeckungen angeboten. So mussten auch die Kinder aus der Unterschicht nicht auf das beliebte Kriegsspiel verzichten. Der Preis eines Modellierbogens betrug im Gegensatz zu den Helmen und Uniformen der Warenhauskataloge nur etwa 10 Pfennige.
Im Deutschen Kaiserreich wurde auch im Papier- und Schreibwaren-Verlag Josef Scholz die Produktpalette dem Zeitgeist angepasst. In der Privatsammlung von Tobias Damberger befinden sich aus diesem Verlag die beiden hier zum Download angebotenen originalen Modellierbögen zur Herstellung von militärischen Kinderhelmen aus Papier. Für weitere Informationen siehe den Artikel von Tobias Damberger "Der Krieg begann im Kinderzimmer" in "Zur Geschichte des Kartonmodellbaus", Heft 18, Seite 25 (1. Seite des Artikels als Leseprobe). Der Artikel enthält u.a. auch die Bauanleitung der beiden Kinderhelme.
Kinder mit Papierpickelhauben, datiert September 1914